news

Öffis im ländlichen Raum? Ein Selbstversuch von Daniel
24.08.2016
Wer am Land wohnt, ist auf das Auto angewiesen. Das ist eine weit verbreitete Meinung, die auch ich grundsätzlich teile. Aber ist das wirklich so? Ich wage das Experiment und steige auf Öffis wie Bus und Zug um.
Vor kurzem stand ich nach einem Verkehrsunfall, den eine unaufmerksame und zu schnell fahrende junge Dame verursachte, ohne Auto da. Anstatt mich für die Zeit bis zur finalen Abwicklung der Entschädigung nach einem neuen PKW umzusehen, entschied ich mich – mehr oder minder freiwillig – aus der Not eine Tugend zu machen: Ich beschloss, die Zeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu überbrücken. Außerdem stehen mir noch das Fahrrad, und in ganz seltenen Fällen auch ein Auto meiner Eltern zur Verfügung, um nicht ganz auf meine Flexibilität verzichten zu müssen.
Die Preis/Leistungsfrage für Öffis
Ich wohne rund 30 Kilometer von der Uni Klagenfurt entfernt und pendle derzeit viermal die Woche in die Landeshauptstadt. Eine kurze Recherche auf der Website der ÖBB ergab, dass ein One-Way-Ticket für die Strecke derzeit 8,10 Euro kostet. Das wären für mich dann 16,20 am Tag, 64,80 Euro die Woche. Ganz schön viel, dachte ich mir, und entschied mich daher gleich für ein Monatsticket. Doch zuvor musste ich mich durch den Zonenplan der Kärntner Linien quälen, der – zumindest im Web – nicht besonders intuitiv dargestellt ist. Trotzdem muss man eigentlich kein Mathegenie sein, um die 6 Zonen abzuzählen. Dachte ich zumindest. Es kommt nämlich auf den Streckenverlauf an, nicht auf die Luftlinie. Bei mir aber blieb es trotzdem bei den sechs Zonen, wie mir der freundliche Buschauffeur erklärte.
Sechs Zonen, das macht 90 Euro im Monat. Aber eine Frage blieb noch offen: „Mit oder ohne Stadt“, fragte der Lenker. Obwohl die Stadt Klagenfurt als eine einzige Zone ausgewiesen ist, zahlt man für die Benützung der durch die Stadtwerke Klagenfurt betriebenen Busse weitere 27 Euro. Ich entschied mich dagegen und war somit auf die Bahn und die zur Bahn gehörenden Postbusse limitiert. Es soll ja nicht zu leicht werden.😉 Somit waren die Formalitäten geklärt und 90 Euro über den mobilen Tresen gewandert.
Planung statt Spontanität
Eines wurde mir dann schnell klar: Wer auf Öffis setzt, kann Spontanität und Flexibilität gleich ad acta legen. Planung ist hier das halbe Leben. Und ein Blick in den Reiseplaner der ÖBB brachte gleich Ernüchterung. Will ich pünktlich um 8 Uhr am Zielort sein, muss ich um halb 7 in den Bus einsteigen. Mit dem privaten PKW brauchte ich bisher gerade Mal etwas über eine halbe Stunde, um die 30 Kilometer lange Reise zu bewältigen. Dafür spart man sich mit dem Bus die Parkplatzsuche. Das macht den Zeitverlust zumindest ein kleines Bisschen wieder gut. Zum Punkt „Flexibilität“ kann man nur sagen, dass außerhalb der üblichen Schul- und Büroreisezeiten es sehr schwer ist, sich einigermaßen effektiv fortzubewegen. Es ist daher keine Seltenheit, dass man eine Stunde oder länger vor der gewünschten Ankunftszeit zum Zielort anreisen muss, da man mit der Folgeverbindung zu spät dran wäre. Somit plane ich mir täglich statt einer guten Stunde mit dem PKW, gute drei Stunden mit den Öffis ein. Zumindest jetzt während der Umstellung fällt mir das recht schwer.
Zwischenfazit
Aber man gewinnt auch etwas dadurch, dass man in dieser Zeit „gefangen“ ist. Man kann auch im Stau recht gut abschalten, habe ich festgestellt. Gerade dann, wenn der Bus mal nicht voller Schulkinder ist, kann man auch mal ein Buch lesen, oder sich auch mit seinen Unterlagen beschäftigen und sich somit auf den (nächsten) Tag vorbereiten. Alles in allem finde ich es doch recht spannend diese Erfahrung zu machen, und werde in Kürze wieder davon berichten. Am Ende dieses Versuchsmonats wird es sich dann herausstellen, ob ich weiterhin das Leben „in vollen Zügen genießen“ werde – auch wenn es in meinem Fall meist die zur Bahn gehörenden Postbusse sind.😉
By danbloggt | 2016